
Der Leopoldinentempel: Ein klassizistisches Juwel

Die Errichtung 1818-1823
Der französische Architekt Charles Moreau wurde von Fürst Nikolaus II. Esterházy mit der klassizistischen Neugestaltung des Schlosses und der Umwandlung des angrenzenden Gartens in einen englischen Landschaftsgarten beauftragt. Allerdings wurden die Pläne für das Schloss nur zu einem Bruchteil verwirklicht. Im Zuge dieser umfassenden Umgestaltung plante Moreau die Errichtung mehrerer klassizistischer Gartenarchitekturen, darunter der Leopoldinentempel, der nach dem Vorbild antiker Rundtempel, wie etwa dem Sibyllentempel in Tivoli, gestaltet wurde. Der Rundtempel wurde zur Ehren der Prinzessin Leopoldine der einzigen Tochter des Fürsten Nikolaus II. errichtet, auf die Mittelachse des Schlosses ausgerichtet und auf einem Felsen errichtet. Seitdem bildet er einen zentralen Blickfang in der Anlage.
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Nach der Grundsteinlegung des Tempels 1818 wurde bereits im Oktober desselben Jahres die Kuppel fertiggestellt. 1819 erfolgte die Eindeckung des Daches mit Kupferblech sowie die Fertigstellung der Kollonaden und der stuckierten Außenplafonds. Der Innenraum erhielt einen sternförmigen Terrazzoboden. Die Beleuchtung des Innenraumes erfolgte ursprünglich ausschließlich über das zentrale Kuppelauge (Opaion), doch bereits kurze Zeit nach Fertigstellung zeigten sich Feuchteschäden an den Oberflächen. Zur Verbesserung der Belüftung ließ Moreau zunächst vier kleine Luftöffnungen im Kuppelsockel anbringen, die jedoch nicht ausreichten, um die Feuchtigkeit ausreichend abzuleiten. 1822 entschied er sich daher, zwei seitliche Fenster mit Fensterläden einzubauen. Obwohl damit das ursprüngliche Lichtkonzept durchbrochen wurde, trug die Maßnahme zur Trocknung des Innenraumes bei. Diese Malerarbeiten können als Abschlussarbeiten gesehen werden, weshalb das Jahr 1823 als Fertigstellungszeitpunkt angenommen werden kann.
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Unter Nikolaus II. Esterházy war der Schlosspark einer der prachtvollsten Gärten der Habsburgermonarchie und zeichnete sich durch eine außergewöhnliche Pflanzenvielfalt, vor allem durch die Exotenpflanzungen, und kunstvoll angelegte Sichtachsen aus. Doch nach dem Tod des Fürsten im Jahr 1833 verfiel der Park zunehmend über die folgenden Jahrzehnte.

Sanierungsetappen
Um 1900 versuchten Margit und Nikolaus IV. (1869-1920) der überwucherten Situation ihres Gartens teilweise wie der Herr zu werden. Die Fläche hinter dem Schloss wurde dekorativ neu bepflanzt, Sichtachsen wurden wiederhergestellt, die Teiche und Leitungen instand gesetzt sowie die Orangerie revitalisiert.
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Nach zwei verheerenden Weltkriegen
Ab 1945 wurden die esterházyschen Besitzungen unter sowjetische Verwaltung gestellt. 1950 verpachtete die USIA -Verwaltung des sowjetischen Eigentums in Österreich den Park an die Freistadt Eisenstadt. Nach dem Ende der sowjetischen Besatzung wurde 1962 ein neuer Pachtvertrag mit Dr. Paul Esterházy geschlossen. Darin verpflichtete sich die Stadt, den Leopoldinentempel instand zu setzen, den Boden zu erneuern, jede missbräuchliche Nutzung zu untersagen und das Gebäude einbruchssicher zu machen. Dennoch blieb der Tempel lange in schlechtem Zustand und wurde erst 1978/79 notdürftig saniert, um einen weiteren Verfall zu verhindern.
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Die Rettung
Nach der Gemeinderatswahl 1987 entstand der „Verein Freunde des Eisenstädter Schlossparks“, der sich für die Renovierung des Landschaftsgartens einsetzte. Ein umfassendes Konzept wurde entwickelt, um den Leopoldinentempel und sein Umfeld wiederherzustellen. Der 1966 zugeschüttete Teich unterhalb des Tempels wurde neu ausgehoben, der Wasserfall freigelegt, Wege und eine neue Bepflanzung angelegt.
Die Tempelsanierung begann 1995 und nahm drei Jahre in Anspruch. Innen wurden die Oberflächen restauriert, die durch Feuchtigkeit geschädigten Putze saniert und neu gefasst. Fenster und Türen wurden instandgesetzt. Im Tempelraum wurde eine Kopie der Leopoldinenstatue Antonio Canovas (1757-1822) im Tempel aufgestellt.

Aktuelle Sanierungsplanung
Auf Veranlassung von Esterházy Immobilien wurde 2024 eine Bestandsuntersuchung und ein Maßnahmenkonzept zur Restaurierung gestartet. Die Arbeitsschritte erfolgten in enger Abstimmung mit dem BDA.
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Das Objekt weist zahlreiche substanzielle Mängel auf, die hauptsächlich in Zusammenhang mit Feuchteeinwirkungen, Schadsalzbelastungen und Materialermüdung stehen. Zu den aus derzeitiger Sicht
wesentlichen Instandhaltungsthemen zählen:
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Dachunterkonstruktion und Dachhaut
Die Unterkonstruktion der Dachhaut ist im oberen Bereich stark vermorscht. Die Dachhaut aus Kupferblech weist infolge materialbedingter Alterung ein fortgeschrittenes Schadensbild auf, so dass eine zeitnahe Sanierung unumgänglich ist. -
Deckenuntersicht des Pterons (Säulenumgang)
An der Deckenuntersicht sind deutliche Schäden aufgrund von Feuchtigkeitseintrag über das Dach festzustellen. Es kommt zu Absandungen und Abplatzungen der Oberflächenstruktur. 2024 erfolgte eine Notsicherung. -
Stufenanlage und Säulenbasis
An den Stufen befindet sich Verfärbungen durch ausgelöste Kupfersalze der Dachhaut. Teilweise ästhetisch unpassende Sekundärergänzungen ausgespülte Strukturen und defekte Steinfugen sind weitere Schadensbilder. -
Probefläche - Steininstandsetzung
Abheben einer Steinstufe durch das Zottmann Restauratoren Team und Untersuchung des Unterbaus sowie Instandsetzung der Steinstufe. -
Sockelzone Rondeau
Der aus Steinplatten bestehende Sockelbereich wurde sekundär mit Putzergänzungen versehen, durch die aufsteigende Feuchtigkeit entstanden zahlreiche Schadensbilder. Die Steinplatten weisen Risse und Fehlstellen auf, die Metallverankerungen sind korrodiert. -
Probefläche - Steininstandsetzung
Im Sommer 2024 angelegten Probefelder der Freilegung und Instandsetzung der Fassade, als Grundlage für eine Generalsanierung der Außenhülle.



